Weitsicht

Das Blog zu Führung und Zusammenarbeit aus der Ferne von Thomas Knappe.

Weitsicht

Das Blog zu Führung und Zusammenarbeit aus der Ferne von Thomas Knappe.

Wie halten Sie’s mit der Verbindlichkeit? (Teil 1)

von | 3. Februar 2016

[Bild von SCY auf Pixabay]

Kennen Sie das? Die Probleme, die aus mangelnder Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit entstehen? Wahrscheinlich schon, denn das Thema Verbindlichkeit ist in vielen Teams eine Art „Dauerbrenner“. Und – Hand aufs Herz! – auch Sie haben sich schon mal darüber geärgert, wenn Ihre Mitarbeiter etwas zugesagt aber nicht geliefert haben!

Ich bin im Gespräch mit einer Coachee Anfang der Woche wieder einmal brandaktuell mit der Nase auf das Thema gestoßen worden und nehme das zum guten Anlass, heute und im nächsten Blogbeitrag meine Gedanken zum Thema festzuhalten.

Passt ja auch ganz gut zum noch recht neuen Jahr, das Thema Verbindlichkeit auf die Agenda zu setzen.

Vorab aber noch eines: Vielen geht‘s in ihrer Führungsarbeit darum, „Verbindlichkeit zu schaffen!“ Und da muss ich gleich mal mit der schlechten Nachricht rüberkommen: So funktioniert‘s nicht! Genauso wenig wie es bei der Motivation, Inspiration usw. von MitarbeiterInnen funktioniert. Verbindlichkeit ist ein innerer Gedanke verbunden mit einem Gefühl der unumstößlichen Verantwortlichkeit für etwas gegenüber jemandem.

Das können Sie nicht in jemandem „schaffen“. Was Sie allerdings können: Sie können für einen geeigneten Rahmen sorgen, für hilfreiche verbale Angebote, für förderliche Teamentwicklung usw., was die Wahrscheinlichkeit für verbindliches Verhalten unter Ihren Teammitgliedern deutlich erhöht. Und das ist dann schon eine ganze Menge, oder?

Nehmen wir also an, Ihnen fällt die mangelnde Verbindlichkeit im Team auf und das stört Sie: Was können Sie konkret tun? Das kommt darauf an! Worauf? Auf die Umstände. Welche?

Die meistgenannten Umstände für Verhalten, dem es an Verbindlichkeit mangelt, scheinen mir folgende sechs zu sein:

  1. Der Mitarbeiter kennt die Aufgabe, das Ziel etc. nicht oder nicht klar genug.
  2. Die Mitarbeiterin hat Aufgabe, Ziel etc. klar vor Augen, kennt aber die – also meist „Ihre“ – Erfolgskriterien für diese Arbeit nicht.
  3. Der Mitarbeiter fühlt sich gar nicht in der Pflicht.
  4. Verbindlichkeit wird überbewertet oder „Wie der Herr, so’s G’scherr“.
  5. Geteilte Verantwortung meint „keine Verantwortlichkeit“.
  6. Die Umstände „sind nicht danach“.

Um die ersten 3 Punkten soll’s uns heute, um die anderen im kommenden Blogbeitrag gehen.

Beginnen wir also mit dem ersten Kontext: Der Mitarbeiter kennt die Aufgabe nicht oder doch nicht klar genug.

Das ist eines der häufigsten Probleme: Wenn ein Teammitglied die Aufgabe nicht kennt oder „nur so im Groben“, kann er oder sie letztlich nicht die Verantwortung für die einwandfreie Durchführung und ein entsprechendes Ergebnis übernehmen. Da für die Klarheit und Verständlichkeit Ihrer Kommunikation Sie als Führungskraft verantwortlich sind, ist die oder der an diesem Missstand Schuldige schnell ausgemacht: Sie! Und das ist ein großes Glück, denn so müssen Sie nur Ihr Kommunikations-Verhalten ein wenig ändern, und schon sehen Sie den Erfolg!

Was können Sie tun? Kommunizieren Sie klar und auf den Punkt, statt nur das große Bild zu vermitteln oder – falls Sie zum Detailreichtum neigen – Ihre MitarbeiterInnnen mit Kleinstdetails zuzuschütten. Sagen Sie alles wichtige, um was es Ihnen geht, lassen Sie nichts aus nach dem Motto „Das versteht sich doch von selbst!“ und reden Sie nicht um den heißen Brei herum oder probieren, Ihren Mitarbeitern etwas „durch die Blume“ zu sagen.

Denken Sie auch daran: Die Bedeutung Ihrer Kommunikation ist, was beim anderen ankommt, nicht, was Sie sagen oder hätten sagen wollen. Geben Sie Ihren Gesprächspartnern daher die Gelegenheit, die notwendigen Eckdaten der Aufgabe in eigenen Worten wiederholen. Da hören Sie gleich, ob und wo noch Klärungsbedarf ist. Fragen Sie nach, ergänzen Sie und feintunen Sie gemeinsam, bis Sie und Ihr Mitarbeiter tatsächlich ein gemeinsames Verständnis der Aufgabe haben. Super: Ihre Chancen, dass die Aufgabe in Ihrem Sinne, im besprochenen Zeitrahmen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel verbindlich erledigt wird, sind gerade enorm gestiegen!

Weiter geht es nun mit dem zweiten Fall, in dem es zu mangelnder Verbindlichkeit – zumindest in der Wahrnehmung der Führungskraft – kommen kann:

Die Mitarbeiterin kennt die Aufgabe und legt los. Allerdings auf Basis eigener Erfolgskriterien, die nicht zwingend mit den Ihren übereinstimmen müssen.

Woran erkennen Sie – nicht erst am Ende, sondern schon auf dem Weg dorthin – dass hier die richtige Arbeit erfolgversprechend, die gesetzten Rahmenbedingungen achtend und termingerecht erfolgen wird? Was genau nehmen Sie wahr, hören Sie, sehen Sie? Gibt es „Spielregeln“ oder hätten Sie gern welche: Bis wann hören Sie, wenn etwas wider Erwarten nicht machbar sind? Wie wollen Sie beide damit umgehen, wie mit einander reden, wenn etwas nicht gut läuft? Gibt es Erfolgskontrolle erst am Ende oder auch Gespräche unter der Zeit? Wenn ja, wann? Dies und mehr könnte Sie bewegen.

Machen Sie daraus kein Geheimnis, sondern sprechen Sie genau hierüber mit Ihrem Teammitglied. Denn: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß … und macht es dem Mitarbeiter so unmöglich, sich verbindlich zu verhalten, selbst wenn er’s gern täte.

Kommen wir zum dritten, verblüffend häufigen Fall: Nur Sie erwarten verbindliches Verhalten von Ihrem Mitarbeiter, dieser nicht. Und zwar aus einem einfachen Grund: Er sieht sich gar nicht in der Pflicht!

Dafür kann es eine ganze Reihe von Gründen geben: Sei es, weil er sehr „autonom“ unterwegs ist und sich bei Ihren vermeintlich klaren Anordnungen nur denkt „Ist ja interessant, was meinen Chef so bewegt!“

Sei es, weil Sie zu allgemein kommunizieren. Wir nennen das das „Offenes-Fenster-Syndrom“, weil manche Menschen gern solche Dinge sagen, wie „Ich finde, hier zieht es!“ oder „Ganz schön kalt hier!“ und dann erwarten, dass andere das Fenster schließen. Ähnliches passiert, wenn Sie zum Beispiel sagen „Zur Halbzeit wird von uns ein glänzender Report erwartet!“ und meinen, dass die MitarbeiterInnen sich daraufhin darum reißen, vorzeitig und in besonderer Qualität ihre Arbeit abzuliefern, damit Sie damit in Ihrem Bericht gut dastehen können.

Es kann auch sein, dass kulturell oder individuell die verbindliche Übernahme einer Aufgabe Unterschiedliches bedeutet und voraussetzt: Italienische Freunde von mir wären durchaus der Meinung, eine Zusage zum Meeting um 12 Uhr mit ihrem Erscheinen um halb eins verbindlich eingehalten zu haben. Amerikanische Kunden von mir hätten dazu dann eine durchaus abweichende Sichtweise. Und Sie? Als Führungskraft „machen“ Sie ja die Regeln. Implizit über Ihre Vorbildfunktion implizit und explizit, indem Sie aktiv genau solche Punkte mit dem Team klären und vereinbaren.

Finden Sie im ersten Schritt also – meine Empfehlung! – heraus, was „verbindlich“ für die einzelnen Teammitglieder bedeutet und was geschehen muss – zum Beispiel ein Handschlag zur Besiegelung, ein Abnicken der übernommenen Verantwortung oder anderes – damit sie sich in der Pflicht sehen. Und sorgen Sie dafür, dass dies dann auch geschieht.

Wenn Sie mögen, probieren Sie’s ab sofort aus und erhöhen so gezielt die „Verbindlichkeit“ in Ihrem Team!

Beim nächsten Mal geht es um drei weitere Umstände, die die Verbindlichkeit untergraben und die es daher zu vermeiden – und an deren Statt es Förderlicheres zu tun – gilt. Bis dahin viel Freude und Erfolg beim Entwickeln Ihres Teams.